INNOVATIONEN

E-MO­BI­LI­TY 2021

WIE ENTWICKELT SICH DIE E-MOBILITY-INFRASTRUKTUR IN 2021?

Der Wandel zur E-Mobilität ist in vollem Gange. Immer mehr Fahrzeuge werden mit Elektro- oder Hybridantrieb hergestellt und immer mehr Menschen nutzen diese neuen Technologien für eine umweltfreundlichere Fortbewegung. Viele Unternehmen und Privathaushalte stellen sich aber auch die Frage: Ist das schon die Antriebstechnologie der Zukunft und wann werden genügend Ladesäulen vorhanden sein, damit auch ich mir ein Elektroauto kaufe?

Ende 2020 gab es in Deutschland bereits über 35.000 öffentliche Ladepunkte1). Der Bedarf für eine flächendeckende Ladeinfrastruktur ist aber viel größer und der Investitionsbedarf riesig. Gemäß einer aktuellen Studie werden bis zum Jahr 2030 mindestens 440.000 Ladepunkte benötigt2). Wird Deutschland dieses ambitionierte Ziel erreichen können? Welche Regionen sind führend im Ausbau der Ladesäulen und welche haben großes wirtschaftliches Potential für mehr E-Mobilität? Wie viele Ladepunkte wird es in absehbarer Zeit geben, wenn der Ausbau in gleichem Maße vorangetrieben wird wie bisher?

I-WUNDER entwickelt die Applikation „E-Mobility 2021“ als Innovationsprojekt, um diesen Fragen nachzugehen und analysiert damit Trends und zukünftige Entwicklungen zum Thema Ladeinfrastruktur. Einige spannende Erkenntnisse ergeben sich bereits jetzt daraus. Diese unterstreichen – E-Mobilität ist ein Megaprojekt und wird Wirtschaft und Bevölkerung über viele Jahre hinweg beschäftigen. Probieren Sie es doch selbst einmal aus!

Was zeigt die Applikation?

  • Die Applikation visualisiert die Daten der öffentlichen Ladesäulen in Deutschland, die von der Bundesnetzagentur erfasst werden. Die Pflicht zur Meldung von neuen Ladesäulen besteht seit 2017. Die tatsächliche Anzahl kann daher in der Realität etwas größer sein. Vergleiche mit anderen Portalen zur E‑Mobilität zeigen jedoch, dass diese „offiziellen“ Zahlen immer genauer werden.
  • Verschiedene Kennzahlen und Trends werden dargestellt für die Regionalstrukturen Deutschland gesamt, für die Bundesländer und für die Land- und Stadtkreise – jeweils in den Kategorien "Ausbau", "Attraktivität" und "Bedarf 2030".
  • Die Bundesnetzagentur erfasst Ladesäulen in einem Ladesäulenregister. Mit diesen öffentlichen Daten sind auch Informationen zu den Standorten und den Ladepunkten registriert. Die Ladepunkte entsprechen dabei der Anzahl an Fahrzeugen, die bei voller Auslastung gleichzeitig geladen werden können.
  • Die Applikation zeigt die monatliche Entwicklung des Ausbaus der Ladesäulen-Infrastruktur beginnend mit Januar 2017. Prinzipiell wurden auch bereits vorher Ladesäulen in Betrieb genommen, die Darstellung visualisiert die Fallzahlen aber erst ab 2017.
  • Es werden noch nicht alle möglichen Informationen durch die Applikation erfasst. So ist Tesla als großer Anbieter mit seinen Supercharger-Stationen bisher nicht Teil der öffentlichen Ladeinfrastruktur. Ebenso sind private Ladesäulen und Ladesäulen für elektrisch betriebene Zweiräder (wie E‑Bikes, E‑Roller, etc.) nicht enthalten.
Die 3 Anzeigekategorien
  • "Ausbau" zeigt die Anzahl der Standorte, Ladesäulen und Ladepunkte im jeweiligen Monat und im Vergleich zum Vorjahr.
  • "Attraktivität" zeigt die Anzahl der Ladepunkte pro 1.000 registrierter Pkw, als Maß für die Attraktivität einer Region für den Umstieg auf Elektrofahrzeuge, sowie den „A‑Wert“ des VDA in Form von Anzahl der registrierten Pkw pro Ladepunkt.
  • "Bedarf 2030" zeigt den erreichten Anteil an Ladesäulen bezogen auf die benötigte Mindestzahl an Ladesäulen für 2030 gemäß der Studie der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur.

Was sind die spannendsten Ergebnisse der Analyse?

(Stand Februar 2021)

Der stärkste Ausbau war bisher im Jahr 2019

Bis Ende 2020 gab es in Deutschland fast 36.000 Ladepunkte an über 15.500 Standorten. Im Jahr 2020 wurden insgesamt über 8.800 öffentliche Ladepunkte neu ausgebaut. Dies war jedoch nicht der Höchstwert. Das Jahr mit dem stärksten Ausbau der Ladesäuleninfrastruktur war das Jahr 2019 mit über 9.500 neuen Ladepunkten.

In 2021 nimmt der Ausbau wieder Fahrt auf

Für 2021 ist ein deutlicher Anstieg beim Ausbau der Ladesäulen zu erwarten. Setzt sich der Trend der letzten 3 Jahre fort, dann ist nach unserem Prognosemodell in 2021 mit über 12.700 neuen Ladepunkten zu rechnen. Das wäre ein neuer Höchstwert und eine Steigerung des jährlichen Ausbaus um über 40%!

Dies bestätigen auch die aktuellen Zahlen von Anfang 2021. Die Januar-Werte liegen mehr als 40% über den beiden Vorjahren 2019 und 2020 und für den Februar wurden über 23% mehr Ladepunkte gemeldet.

Ausgebaut wird, wo viele Fahrzeuge registriert sind

Die größte Anzahl an Ladesäulen existiert in den 4 bevölkerungsreichsten und größten Bundesländern: Bayern, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Niedersachsen. Dies ist nicht sonderlich überraschend, da dies gleichzeitig auch die 4 Bundesländern mit dem höchsten Fahrzeugaufkommen sind.

Zweiter Schwerpunkt beim Ausbau sind die städtischen Ballungszentren. In der Liste der führenden Landkreise und Städte liegen Berlin, München und Hamburg jeweils mit weit über 1.000 öffentlichen Ladepunkten deutlich vor dem 4. und 5. Platz, der Region Hannover und der Stadt Wolfsburg mit unter 500 Ladepunkten.

E‑Mobilität – auch auf dem Lande!

Neben der absoluten Anzahl ist vor allem die Bewertung der Ladesäulendichte in Relation zur Zahl der Fahrzeuge einer Region interessant. Darin zeigt sich die eigentliche Attraktivität eines Gebietes für den Umstieg auf Elektroautos. Dabei fällt zum Beispiel Schleswig-Holstein mit einer hohen Attraktivität auf. 0,86 Ladepunkten pro 1.000 Pkw waren es dort Ende 2020 (VDA A‑Wert 1.166) und damit deutlich mehr als in Nordrhein-Westfalen, das sich in diesem Vergleich trotz hoher absoluter Anzahl an Ladepunkten nur auf Rang 10 aller Bundesländer wiederfindet. Führend in der Attraktivität wiederum sind vor den Flächenbundesländern die Stadtstaaten Hamburg, Berlin und Bremen.

Die Liste der attraktivsten Landkreise führt die Stadt Wolfsburg an, aber auch die Stadt Passau und die Landkreise Landau in der Pfalz und Regen in Bayern bieten bereits eine überraschend hohe Attraktivität. Hier liegen die Werte Ende 2020 bei deutlich über 2, teilweise sogar 3 Ladepunkten pro 1.000 Fahrzeugen, was gleichzeitig bedeutet, dass sich im Durchschnitt jeweils weniger als 500 Autos einen Ladepunkt teilen müssen.

Flächendeckende Infrastruktur – das kann dauern

Vom minimalen Ausbauziel von 440.000 Ladesäulen in 2030 sind wir noch weit entfernt. Erst 8,1% des Zielwertes der Studie der Nationalen Leistelle Ladeinfrastruktur sind zu Ende 2020 bereits erreicht. Wenn der Ausbau so fortschreitet wie bisher, dann werden es Ende 2021 fast 49.000 öffentliche Ladepunkte sein. Aber auch das sind erst 11,1% des im Jahr 2030 benötigten Mindestbedarfs für eine landesweite Grundversorgung.

Am weitesten sind auch hier die Ballungszentren Hamburg mit 15%, Berlin mit 11% und München mit 10%. Bei den Land-/Stadtkreisen haben Wolfsburg mit 35%, die Stadt Passau mit 28% und Landau in der Pfalz mit 26% Vorbildcharackter.

In vielen Regionen geht es voran

In einigen Regionen kommt spürbar Bewegung in den Ausbau der Ladesäulen und es sind deutliche Steigerungen im Wettbewerb um die Tankstellen der Zukunft zu erkennen. So erwarten wir nach dem Prognosemodell von I‑WUNDER, dass die Bundesländer Saarland, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen in 2021 einen deutlichen Anstieg erreichen und damit z.B. das Land Hessen in der Attraktivität für E‑Autos überholen werden.

Die beste Abdeckung bei den Land-/Stadtkreisen hat die Autostadt Wolfsburg. Sie hat bereits im Februar 2021 über 50% des berechneten Mindestbedarfs für 2030 erreicht. Und auch in der Stadt Passau mit 36% und im Landkreis Regen mit 26% scheint regelrechte Aufbruchstimmung beim Thema E‑Mobilität zu herrschen. Dort sind die prognostizierten Wachstumsraten bis Ende 2021 sogar noch höher.

Worauf beruht die Prognose?

  • Die Prognose beruht auf einer Analyse des Trends der letzten 3 Jahre ausgehend vom jeweils aktuellen Monat. Das mathematische Modell projiziert diese Entwicklung auf die jeweils nächsten 12 Monate. Beachten Sie: Prognosen sind keine Gewissheiten, aber sie können aktuelle Entwicklungen mit hoher Genauigkeit auf zukünftige Monate übertragen.
  • Der historische Trend unterliegt natürlich verschiedenen Faktoren wie z.B. Jahreszeiten, Investitionsprogrammen, Fördermitteln oder Corona-Lockdown. Die Prognose ist daher nicht frei von Unschärfen und kann nicht zu 100% exakt sein. Sie liefert aber stabile Aussagen, welche Entwicklungen unter ähnlichen Rahmenbedingungen für 2021 und die folgenden Jahre zu erwarten sind. So wird mit jedem neuen Monat an aktuellen Daten das mathematische Modell weiter optimiert und ein weiterer Monat der Vorhersage hinzugefügt.
  • Für die Prognose verwenden wir ein einfaches aber robustes mathematisches Verfahren der Zeitreihenanalyse – ein sogenanntes gleitendes Mittelwertverfahren mit exponentieller Glättung auf Basis der einzelnen Landkreise. Das Prognosemodell berechnet dabei den erwarteten jährlichen Ausbau an Ladepunkten für jeden Land-/Stadtkreis. Die Zahlen für die Bundesländer und gesamt Deutschland addieren sich aus den Einzelprognosen. Ein saisonales Modell ermittelt aus dem Jahreswert anschließend den Ausbau in den einzelnen Monaten eines Jahres.
  • Generell zeigt das Prognosemodell derzeit folgendes: Der Ausbau der Ladesäulen ist stark steigend und zeigt zusätzlich einen saisonalen Aspekt – die meisten Ladesäulen werden jeweils zum Ende eines Jahres in Betrieb genommen.
  • In der Prognose sind keine Ausbauplanungen von Betreibern von Ladestationen berücksichtigt. Dies hat Vor- und Nachteile. Bereits bekannte Ausbauplanungen könnten die Prognosewerte genauer machen, jedoch auch zu falschen Erwartungen führen, wenn die Investitionen dann nicht wie angekündigt umgesetzt werden.

Was soll zukünftig noch berücksichtigt werden?

Es ist zu erwarten, dass die Entwicklungen und Entscheidungen am Markt den stärksten Einfluss auf den weiteren Ausbau der Ladesäulen und auch das Funktionieren des neuen Geschäftsmodells E‑Tankstellen haben werden. Der Wettbewerb um die Tankstellen der Zukunft läuft schon jetzt auf Hochtouren und wird von vielen Fragen bestimmt:

Welche Ausbaupläne planen die Betreiber? Welche Förderprogramme gibt es? Wie entwickelt sich die Wirtschaftlichkeit von Ladesäulen? Wann öffnet Tesla seine Tankstellen für andere Fahrzeugmodelle? Welche Betreiber setzen sich langfristig durch? Welche Standards für Lade- und Bezahlsysteme etablieren sich. Und zu guter Letzt, wie schnell wird die Bevölkerung auf Elektroautos umsteigen?

Vielen dieser Fragen widmen wir uns auch zukünftig mit weiteren Entwicklungen und Analysen, denn E‑Mobilität ist für uns eines der spannendsten Zukunftsthemen. Diskutieren Sie gerne ihre Erfahrungen und Ideen mit uns unter e-mobility[at]i-wunder.com

Anwendung

I-WUNDER entwickelt ein universelles Geo-Informationssystem (GIS), das für verschiedenste Anwendungen zur Darstellung und Analyse regionaler Zusammenhänge eingesetzt werden kann. Dieses Framework bildet die Grundlage für die E-Mobility-App, kann aber auch für weitere Szenarien genutzt werden, zum Beispiel für 

  • Visualisierung von Verkehrskennzahlen in Stadtgebieten
  • Bürgerinformationssysteme und zur Stadtentwicklung im Rahmen von Smart-City-Projekten
  • Steuerung von Geschäftsaktivitäten von Unternehmen in Vertrieb und Service
  • u.v.m.

Das Tool nutzt moderne Open-Source-Technologien und frei verfügbare Kartendaten und ist damit schnell und kostengünstig in Unternehmen oder kommunalen Einrichtungen einsetzbar. Die Vorteile liegen in der interaktiven Darstellung von Geo-Daten und geo-basierten Kennzahlen im Web, sowie dem Drill-Down in unterschiedliche Regionalstrukturen. Ist-Werte zeigen den aktuellen Stand. Die Anwendung visualisiert gleichzeitig zeitliche Trends und erstellt eine Prognose für die zukünftige Entwicklung in den Regionen. 

Im vorliegenden Szenario werden die Daten aller öffentlich registrierten Ladesäulen der Bundesnetzagentur genutzt. Damit werden aussagekräftige Kennzahlen auf den regionalen Ebenen Bundesländer und Landkreise ermittelt und eine Vorhersage für den Prognosehorizont von einem Jahr berechnet. Über ein Webhosting Framework werden die Daten für die Kartendarstellung aufbereitet und im Internet bereitgestellt. 

Verwendete Regionalschlüssel: Amtlicher Gemeindeschlüssel (AGS), 5-stellig

Technische Lösung

Bei der Implementierung wurden folgende Technologien eingesetzt.

Entwicklung
  • Python
  • JavaScript
  • HTML
  • CSS
  • SQL
  • RESTful API
  • GitHub
  • Docker
Frameworks
  • Flask
  • Jinja2
  • MapBox
  • Bootstrap
  • JQuery
Datenbank
  • PostgreSQL
Datenquellen

1)  Ladesäulenkarte, Bundesnetzagentur, CC BY 4.0
2)  Studie "Wie viele Ladepunkte braucht Deutschland 2030?", Nationale Leitstelle Ladeinfrastruktur, 19.11.2020
3)  KFZ Bestand nach Landkreisen, Kraftfahrt-Bundesamt, 01.01.2021

Die Pkw des Landkreises Trier-Saarburg werden zusammen mit den Pkw der Stadt Trier registriert. Die Kennzahlen zu „Attraktivität“ und „Bedarf 2030“ für diese beiden Kreise basieren deshalb auf statistischen Schätzwerten. Das Schätzverfahren nutzt den gewichteten Mittelwert von Pkw pro Bevölkerung der drei umliegenden Landkreise. Daraus wird die Zahl der Pkw für Trier-Saarburg näherungsweise bestimmt und bei der Stadt Trier bereinigt.